Insbesondere auf dem Buttermarkt ärgern sich Wirte und Gäste über Tauben, die von den Bäumen aus ihre Hinterlassenschaften entsorgen. Seit Jahren gibt es das Problem. Nun soll es ernsthaft angegangen werden.
Diese Wildvögel sind ein Ärgernis. Tauben können leicht zur Plage werden, wenn ihre Population überhandnimmt. Verhältnisse wie auf dem Markusplatz in Venedig, wo Tauben bis vor einigen Jahren Touristen und Einheimischen den Aufenthalt auf dem touristischen Hotspot der italienischen Lagunenstadt alles andere als angenehm gestalteten, gibt es auf dem Buttermarkt in Kempen gottlob nicht. Dennoch sorgen die Tiere zuweilen für argen Verdruss, dann nämlich, wenn sie ihren Kot von den Ästen der Platanen aus aufs Eis oder Bier herunterfallen lassen. Jahrelang hat man in Kempen – wie andernorts auch – nach Lösungsmöglichkeiten für das Problem gesucht, nun soll es noch einmal mit neuer Entschlossenheit angegangen werden.
Der Wirtschaftsausschuss des Kempener Stadtrates beauftragte in seiner jüngsten Sitzung die Stadtverwaltung, mit TKK Stadttauben in Düsseldorf aufzunehmen. In einem Beratungsgespräch soll erörtert werden, ob deren Konzept zur Reduzierung der Stadtpopulation umgesetzt werden kann. TKK Stadttauben ist eine von mehreren Initiativen mit dem Ziel, übermäßige Taubenpopulationen zu reduzieren. Die Düsseldorfer Einrichtung propagiert den tierschutzkonformen Einsatz eines Medikaments, mit dessen Einnahme die wilden Stadttauben unfruchtbar werden. Die Tauben werden nicht vergiftet, sondern ihre Fortpflanzung wird gehemmt. TKK Stadttauben setzt dabei auf die „Ovistop“-Methode: Die Tiere werden über einen längeren Zeitraum täglich mit Mais gefüttert, der mit einer geringen Konzentration des Wirkstoffs Nicarbazin angereichert ist. Der Wirkstoff soll verhindern, dass sich der Embryo im Taubenei entwickeln kann. „Die Population wird kleiner und gesünder innerhalb kurzer Zeit mit verhältnismäßig wenig Arbeitsaufwand. Unser Ziel ist es, dass keine weiteren Tauben auf die Welt kommen müssen, denen ein Leben auf der Straße bevorsteht“, heißt es auf der Internetseite von TKK Stadttauben.
Zu Beginn der Behandlung, die sich für Hotspots wie Bahnhöfe oder öffentliche Plätze in Innenstädten eignet, werden die Tauben gezählt. Die Behandlungsdauer soll wenigstens über 32 Wochen laufen. „Da in vielen Städten die Tauben aber das ganze Jahr durch brüten, empfehlen wir eine Behandlungsdauer von 39 Wochen“, heißt es bei TKK Stadttauben. Die Behandlung werde von einer speziell geschulten Tierärztin begleitet. „Ovistop“ ist eine Methode, die zur Eindämmung der Taubenpopulation in Kempen angewendet werden kann. Sie hat sich nach Angaben von TKK Stadttauben in verschiedenen europäischen Ländern bereits bewährt. Die Kempener Grünen hatten vorgeschlagen, dass die Stadtverwaltung Kontakt mit der Düsseldorfer Initiative aufnimmt.
Bereits im September vergangenen Jahres hatte die Stadt Gespräche mit dem Verein Stadttauben Krefeld geführt und erste Lösungsansätze entwickelt. So könnten in der Kempener Altstadt Taubenschläge errichtet werden, da dort eine effektive Kontrolle der Taubenpopulation über den Austausch von Eiern erfolgen kann. Den Tieren wird ein Platz zum Fressen, Schlafen und Brüten geboten. Dort werden dann die von den Tieren gelegten Eier gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht. So soll sich die Zahl der Tauben in der Stadt reduzieren.
In Krefeld ist der Verein mit seiner Initiative bereits erfolgreich. Ehrenamtliche Mitglieder betreuen das Projekt. In der Kempener Altstadt könnte möglicherweise in der Turmwindmühle am Hessenwall ein solcher spezieller Taubenschlag eingerichtet werden. Das werde derzeit geprüft, so die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage für die Sitzung des Wirtschaftsausschusses. Möglicherweise ließen sich die Konzepte der Krefelder und Düsseldorfer Initiativen für einen Einsatz in Kempen kombinieren, so die Stadt.
Der Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, die Stadt möge Rat in Düsseldorf einzuholen, wurde im Fachausschuss einstimmig beschlossen. Vor der jetzigen Initiative der Grünen hatten auch schon andere politische Parteien, etwa die CDU, oder der Ratsherr Jeyaratnam Caniceus (heute ÖDP) das Thema aufgegriffen. Vor einigen Jahren sah man im Kempener Rathaus allerdings noch keinen Handlungsbedarf in Sachen Wildtauben.
Seit vielen Jahren gibt es in der Thomasstadt ein Fütterungsverbot für wild lebende Tauben und auch Katzen. Wer diese Tiere füttert und erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen. Von einer „Taubenplage“ kann nach Ansicht der Stadt übrigens nicht ausgegangen werden. Das hatte die Stadt bereits vor einiger Zeit in Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Viersen festgestellt. Es könne lediglich von einer „erhöhten Taubenpopulation“ ausgegangen werden, hieß es seinerzeit.
Die Taubenpopulation einzudämmen, ist nun das erklärte Ziel. Mit der „Ovistop“-Methode soll sich das Taubenaufkommen im ersten Jahr um etwa 20 Prozent, nach vier Jahren um 70 bis 80 Prozent verringern, so TKK Stadttauben aus Düsseldorf. Der bei der Maisfütterung verabreichte Wirkstoff soll übrigens für andere Tiere oder Menschen ungefährlich sein, heißt e s.
INFO
Tierische Hilfe in luftiger Höhe
Kirchturm Im Kirchturm der Propsteikirche gibt es seit etlichen Jahren eine Nisthilfe für Wanderfalken. Sie wird von Mitgliedern des Naturschutzbundes (Nabu) ehrenamtlich betreut.
Beute Zur Beute von Wanderfalken zählen besonders Tauben, Stare, Drosseln, Feldlerchen, Buchfinken und Rabenvögel. Die Wanderfalken aus dem Kempener Kirchturm haben aber bislang die Taubenpopulation in der Innenstadt noch nicht im gewünschten Maße verringern können.