Gemeindeprüfungsbericht wurde im Rat vorgestellt. Mit den Finanzen sind die Prüfer sehr zufrieden - aber es gibt noch einige Baustellen
(aflo) Nach gut siebzig Minuten verkündete Bürgermeister Christoph Dellmans das 0:1, ein paar Minuten später den englischen Entscheidungstreffer. „Jetzt sage ich nichts mehr, sonst ist die Stimmung noch mehr im Keller“, war der Fußball ständiger Begleiter der letzten Sitzung vor der Sommerpause in der Zweifachturnhalle St. Hubert am Hohenzollernplatz.
Im Mittelpunkt stand der Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt (gpa NRW). Deren stellvertretende Präsidentin Simone Kasper verteilte viel Lob an Kempen. „Von ihrer Stärke hätten wir gerne mehr in der kommunalen Familie.“ Kasper unterstrich, dass der Haushalt der Stadt von einer hohen Eigenkapitaldecke profitiert, seit 2014 konstant Jahresüberschüsse produziert und eine „unterdurchschnittliche Verbindlichkeitsquote“ aufweist. „Wir sehen Kempen auf dem richtigen Weg in die Zukunft“, sagte sie.Allerdings seien die Planzahlen noch defizitär. Und es gebe bei der Organisation und den Verwaltungsprozessen zum Thema „Hilfe zur Erziehung“ großen Handlungsbedarf – wie auch bei der Digitalisierung der Aufgaben. „Da sind sie in kommunal guter Gesellschaft.“ Außerdem sollte die Stadt weiter die Konsolidierung im Blick behalten und die Selbstfinanzierung der Stadt für künftige Generationen erhalten. „Das tun sie mit entsprechenden Investitionsquoten.“Birgit Cramer-Görtz und Mario Deckers von der GPA stellten dann die detaillierten Ergebnisse der Prüfung vor, zwischen Juli 2020 und April 2021 sowie für 2014 bis 2019 stattfand. Die Daten wurden mit aktuellen Zahlen ergänzt.Demnach weist die Stadt trotz negativer Planung aufgrund deutlich steigender Gewerbesteuererträge und dem Finanzausgleich durchweg positive Ergebnisse auf, sagte Projektleiterin Cramer-Görtz. Die Eigenkapitalquote liege mit 42 Prozent unter den besten 50 Prozent der Vergleichskommunen. Allerdings müsse man investive Maßnahmen realitätsnäher planen. „Planung und Ist-Zustand klaffen deutlich auseinander“, unterstrich Mario Deckers.
Zahlen bei den Erziehungshilfen nicht aussagekräftig
Bei den Hilfen zur Erziehung sei man nicht sicher, ob alle Fälle erfasst sind, weswegen die Daten „nicht ganz aussagekräftig“ sind, sagte Cramer-Görtz. Grundsätzlich habe Kempen gute strukturelle Rahmenbedingungen mit wenig Kinderarmut, geringer Jugendarbeitslosigkeit und wenig Alleinerziehenden im Hilfebezug.
Aber bei der sozialpädagogischen Familienhilfe und der Eingliederungshilfe stiegen die Fallzahlen deutlich an. Sie sprach von einer „überdurchschittlichen Personalausstattung in allen Bereichen“. Es benötige in dem Bereich ein Finanzcontrolling, vernünftige EDV-Erfassung, ein Anbieterverzeichnis und die Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte.In Sachen Baugenehmigungen erschwert der längere interne Postdurchlauf die Einhaltung von Fristen. Zahlreiche Bauanträge seien nicht mängelfrei und vollständig, kritisierte die GPA. Die Laufzeit der Bauanträge liegt mit 103 Kalendertage deutlich über dem Durchschnitt.Bei den Themen Vergaben und Korruption gab es Lob für eine Dienstanweisung mit Regeln zum Sponsoring, aber Kritik an einem fehlenden Bauinvestitionscontrolling. Was interkommunale Zusammenarbeit angeht, ist Kempen aktuell nicht aktiv. Die Verwaltung habe sich dafür aber offen gezeigt.Man werde sich im Verwaltungsvorstand die Vorschläge ansehen und in Sachen Umsetzung „da nach den Sommerferien massiv einsteigen“, kündigte Dellmans an. Man werde mit der Politik Leitlinien entwickeln, „wie wir uns fortschrittlicher aufstellen.“ Digitalisierung sei da ein wichtiger Aspekt. Und in Sachen Personal habe das Jugendamt aktuell schon keine Stellen wiederbesetzt. Dellmans versicherte, dass die Stadt „bei der nächsten GPA-Prüfung einen grossen Schritt weiter“ sein werde und dankte für die „vertrauensvolle Zusammenarbeit.“
Debatte um Personal und Digitalisierung
Es habe „viele Hinweise und Anmerkungen“ gegeben, auf die die SPD schon häufiger hingewiesen habe, merkte der SPD-Fraktionschef Andreas Gareißen zu dem Bericht an. „Wir müssen hart am Personal arbeiten.“ Positiv bewertete er, dass Bürgermeister Dellmans den Lenkungsausschuss zur Verwertung der GPA-Ergebnisse wieder einberufen will. Für die ÖDP/Die Linke machte Jeyaratnam Caniceus deutlich, das man sich in der Forderung bestätigt fühle, ein Forderungsmanagement in Kempen zu installieren.
Auch Georg Alsdorf (FWK) verwies auf die Problematik, „dass wir zuviel Personal haben“ und benannte die Digitalisierung als „wichtigen Punkt, wo wir aufholen und Ressourcen sparen müssen.“ Man mache vor Ort aber eine gute Kinder-und Jugendarbeit, betreibe auch viele Kindergärten in Eigenregie. „Das müsste man auch darstellen.“ Im weiteren Verlauf der Sitzung wurden noch einige wichtige Punkte abgestimmt, darunter die Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplans, die überplanmäßige Bereitstellung von 100 000 Euro für die Beschaffung von Materialien, Ausrüstung und Bekleidung für die freiwillige Feuerwehr, der Verbleib der Stadtbibliothek im Kulturform und den Verzicht auf die dynamische Erhöhung der Elternbeiträge für Kitas, Kindertagespflege und OGS im Kindergartenjahr 2021/22. Der Rat sprach sich auch dafür aus, dass das Herbstfest mit verkaufsoffenem Sonntag vom 17. bis 19. September stattfinden soll.Was den Rechtsstreit zum Blockheizkraftwerk Erprathsweg angeht, verteidigte Amtsleiter Torsten Schröder den Standpunkt, dass das Verfahren nach Auffassung der Verwaltung genehmigungsfrei gewesen sei. Man habe den Kontakt zum Kreis gesucht, der die Anlage dann stillgelegt habe. Danach sei wegen Untätigkeit geklagt worden. „Jetzt sollen wir eine Nutzung untersagen, deren Nutzung nicht mehr besteht.“ Das müsse man mit dem Rechtsamt klären.In Sachen Sperrung des Sportplatzes St. Hubert machte die Verwaltung klar, dass man den Sportplatz im letzten Jahr nicht geschlossen habe, damit man ihn nutzen kann. In diesem Jahr sei die Pflege und die Sperrung notwendig. Der offene Brief des TuS werde kurzfristig beantwortet, versicherte Bürgermeister Dellmans. Er würdigte am Ende der Sitzung den ausscheidenden Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, Jürgen Ripkens, für fast 40 Jahre Arbeit in der Verwaltung.