Jeyaratnam Caniceus
Mitglied der ÖDP
Ratsherr der Stadt Kempen

 

Kreishaushalt beschlossen — Änderung bei Kita-Beiträgen
von Rheinische Post
01.04.19     Klicks:4555     A+ | a-
Gegen die Stimmen der Linken haben die Politiker im Kreistag den Haushalt 2019 verabschiedet. Wesentlichste Änderung zum Entwurf von Kreiskämmerer Thomas Heil ist eine Neufassung der Elternbeiträge für Kita und Tagespflege in den Gemeinden Brüggen, Niederkrüchten, Schwalmtal und Tönisvorst.

Die erste Einkommensstufe entfällt ab 1. August ersatzlos. „So werden Geringverdiener entlastet“, erklärte Hans Smolenaers, Chef der SPD-Fraktion. Nutznießer der Neuregelung sind Eltern mit einem Jahresbruttoeinkommen bis 39.000 Euro. Aktuell müssen Eltern mit einem Einkommen ab 16.000 Euro Beiträge für Kita und Tagespflege zahlen. Die SPD hatte ihre Zustimmung zum Haushalt von einer Veränderung der Eltern-Beiträge abhängig gemacht, ursprünglich auch eine Senkung der Beiträge von 20 Prozent gefordert – und die Einführung teurerer Stufen für Besserverdienende mit einem Jahreseinkommen von mehr als 104.000 Euro. Nach Vermittlung des Landrats einigten sich die Fraktionen auf den nun beschlossenen Kompromiss.

Daneben machten die Politiker im Kreistag den Weg für eine Beteiligung des Kreises an der Betreibergesellschaft des Eisstadions Grefrath frei. Der Kreis soll durch eine Kapitalaufstockung mehr als 50 Prozent der Anteile an der Sport und Freizeit gGmbH und der Sportstätten- und Freizeitgestaltungs-Betriebsgesellschaft mbH übernehmen. In ihren Haushaltsreden machten die Politiker deutlich, dass sie der Forderung der Bürgermeister, die Kreisumlage noch stärker zu senken, nicht nachkommen werden. Wichtiger sei, dass der Kreis seine Rücklage weiter aufbaue, um in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten den kreisangehörigen Kommunen helfen zu können. „Das Eigenkapital liegt mit zwölf Prozent deutlich unter dem Durchschnitt. Es ist deshalb folgerichtig, unsere Eigenkapitalbasis zu stärken“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Fischer.

Smolenaers (SPD) erklärte: „Ich teile nicht die Auffassung einiger Bürgermeister, die meinen, der Überschuss eines Haushaltes sollte zurückfließen in ihre Kassen. Denn wenn wir dieser Logik folgen würden, müssten konsequenterweise ja auch mögliche Defizite durch die Städte und Gemeinden ausgeglichen werden.“

Lediglich die Fraktion Die Linke war anderer Auffassung. Christoph Saßen: „Die Städte und Gemeinden haben 2018 zu viel an Kreisumlage bezahlt. Eine Rückerstattung ist aus Sicht unserer Fraktion eine Selbstverständlichkeit.“

Wir dokumentieren die Haushaltsreden im Wortlaut:

Jeyaratnam Caniceus (parteilos):
„Es ist etwas ungewöhnlich, als Einzelmitglied eine Haushaltsrede zu halten. Es ist mir eine große Ehre, Freude und Privileg zugleich, heute meine zweite Haushaltsrede als Einzelmitglied des Kreistages vortragen zu dürfen. Ich möchte hier nicht mit Zahlen und Statistiken Ihre Geduld strapazieren. Ich möchte nur zu einigen wenigen meiner Herzensangelegenheiten Stellung nehmen.

Ich möchte den mangelnden bezahlbaren und angemessenen Wohnraum in Kreis Viersen thematisieren. Wie Sie wissen, liegt mir dieses Thema am Herzen. Es ist in der Tat nicht leicht, in Kempen, in Brüggen, hier in Viersen und anderswo an Niers und Nette angemessen Wohnraum zu finden, der auch erschwinglich ist für Familien, Senioren, Studenten und Alleinerziehende. Schaffung von bezahlbaren Wohnraum ist nach meiner Überzeugung eine Gemeinschaftsaufgabe vom Kreis und der angehörigen neun Städte und Gemeinden.

Angesichts des Personalmangels müssen sich Kreisverwaltung und Kreispolizeibehörde mehr für Menschen mit Migrationshintergrund öffnen. Die Verwaltung der Zukunft geht nur über Integration und Migration. Es möge niemand behaupten, dass wir beispielsweise genug Reinigungskräfte mit Migrationshintergrund besitzen. Städte wie Wuppertal werben seit Jahrzehnten erfolgreich Menschen mit Migrationshintergrund. Was in einer Landesregierung Baden-Württemberg funktioniert, sollte doch auch in einer Kreisverwaltung möglich sein: mehr Menschen mit Migrationshintergrund für die Arbeit im Öffentlichen Dienst zu gewinnen. Der Kreis Viersen muss in Zukunft gezielt Menschen mit Migrationshintergrund ansprechen. Dafür müssen wir geeignete Instrumente finden. Die Stadt Viersen hat mittlerweile eine türkischstämmige Dezernentin. Das ist ein guter Anfang. Ich meine: Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Kreis Viersen sollte sich auch in der Verwaltung widerspiegeln.

Ich habe im Jahr 2009 das Thema Integration im Kreis Viersen auf die Tagesordnung setzen lassen. Damals wusste man nicht, welchen Ausschüssen dieses Thema zuzuordnen ist. Heute haben wir nach jahrelanger Hängepartie seit 2017 ein Kommunales Integrationszentrum. Wir haben einige verlorene Jahre hinter uns. Die Arbeit des KIZ muss in den Gemeinden und Städten endlich ankommen. Im Integrationskonzept des Kreises werden auf 26 Seiten Zahlenspiele und Analysen betrieben. Aber das Thema Kommunale Integration wird nicht gelebt. Die Kommunikation läuft mit sehr gebremstem Charme. Meine Damen und Herren, ich habe nach wie vor den Eindruck, dass die Kreisverwaltung dieses Thema halbherzig angeht.

Weiteres Thema: Ich sehe keine Euphorie in Sachen Europa im Kreis Viersen. Zwei Monate vor der wegweisenden Europawahl sind das Kreishaus und die neun Rathäuser immer noch im Tiefschlaf. Wann kommt hier endlich das Signal von oben an die Bürgerinnen und Bürger: Geht wählen, sonst wird unser Leben von Autokraten, Despoten und abspalterischen Nationalismen diktiert. Ungarn mit Orbán ist ein warnendes Beispiel, Großbritannien mit dem Brexit ebenfalls.

Bitte wundern Sie sich nicht, warum ausgerechnet ich über Europa spreche. Bis vor 20 Jahren wohnte meine Familie über Europa verteilt. Ich durfte sie nicht besuchen. Trotzdem bin ich über die grünen Grenzen bis nach Frankreich gereist - mit der Angst, jederzeit erwischt zu werden. Heute leben die meisten in Großbritannien. Ich bin mehrmals im Jahr dort.

In Zeiten des Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz ist ein geeintes Europa die einzig richtige Antwort . Das rechte Gedankengut ist wie eine unsichtbare Schadsoftware. Wenn wir nicht rechtzeitig handeln, wird es unser gesamtes System lahmlegen

Am 9. Mai ist Europatag. Europa ist nicht etwas Selbstverständliches. Europa muss jeden Tag neu erkämpft werden. Ich fordere kreisweite Aktivitäten unter der Federführung des Kreises Viersen am 9. Mai. Herr Landrat, bekennen Sie sich zu Europa und lassen die Ihre und die neun weiteren Kommunen mit einer Europastimme sprechen.

Weitere mir wichtige Themen möchte ich nur ansprechen, ohne sie an dieser Stelle aus Zeitgründen vertiefen zu können.
Erstens: Wir sollten die Konversion des ehemaligen britischen Militärflughafens Elmpt weiter vorantreiben. Kein anderes Wirtschaftsthema in unserer Region hat solche Tragweite und bietet so viele Chancen.
Zweitens: Wir sollten nicht nur den Breitbandausbau forcieren, sondern auch die umweltschonende E-Mobilität.

Drittens: Wir sollten den Gedanken Universitätsstandort Kreis Viersen weiter unterstützen. Ein Fontys-Ableger im TZN Kempen ist ein guter Anfang. Leider musste das grenzüberschreitende Uni-Projekt in Kaldenkirchen vorerst auf Eis gelegt werden. Aber das Vorbild Kreis Kleve mit seiner Universität Rhein-Waal zusammen mit Nimwegen zeigt, welche Dynamik ein Universitätsstandort für einen Kreis mit sich bringt.

Ich stimme dem Haushalt des Kreises Viersen in allen Anlagen zu.Ich bedanke mich beim Kämmerer und der Finanzverwaltung für ihre geleistete Arbeit.“


 


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