Integration bedeutet Ausgleich. Ausgleich bedeutet geben und nehmen. Jedes Integrationskonzept muss auf diesem Prinzip aufgebaut sein und gesteuert werden. Das gilt auch für das deutsche duale Ausbildungssystem, das für viele jugendliche Migranten und Migrantinnen noch immer ein Fremdwort ist. Handwerk Migranten im Handwerk werden seitens der Verbände, der Politik und der Unternehmen bislang stark vernachlässigt und nicht ernst genommen. Dabei könnte das Deutsche Handwerk mit seinen knapp 850.000 Betrieben einer der wichtigsten Akteure zur Integration von Migranten und Migrantinnen in der Gesellschaft sein. Migranten werden durch das deutsche Handwerk eher als billige Konkurrenz, denn als zuverlässige und kompetente Partner, wahrgenommen. So hat es viele Jahr gedauert, bis die restriktiven Zugangsvoraussetzungen der Handwerksordnung mit einer am 01.01.2004 in Kraft getretenen Reform gelockert wurden. Bislang konnten Nicht-EU-Ausländer sich nur in „handwerksähnlichen Bereichen“, für die keine Meisterprüfung nötig ist, selbstständig machen. Zum Beispiel als Schneider, Gerüstbauer und in der Gebäudereinigung. Eine Existenzgründung im Vollhandwerk war ohne Meisterprüfung undenkbar. In 53 von 94 Handwerksberufen sind Existenzgründungen für Migranten aus Nicht-EU-Ländern durch die Aussetzung der Ausbildungseignungsprüfung (AEVO) nun möglich. Durch diese Liberalisierung der Handwerksordnung wurden zahlreiche Existenzgründungen von Migrantenbetrieben und dadurch die Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen möglich. Manche Unternehmer, Verbandsfunktionäre und Politiker sehen darin eine ungerechtfertige Bevorzugung ausländischer Handwerker. Das die damit verbundenen Ängste übertrieben und ungerechtfertig sind, zeigt nicht zuletzt die 2004 erschienene Studie „Die Bedeutung von Ausländern im Handwerk“ von Klaus Müller zu dieser Problematik. Die Tür öffnen Der durch den demographischen Wandel entstehende Mangel an Fachkräften in Handwerksunternehmen sollte durch Migranten und Migrantinnen ausgeglichen werden. Es muss gelingen, Jugendliche mit Migrationhintergrund, deren Ausbildungsbeteiligung stark rückläufig ist, für eine handwerkliche Ausbildung zu gewinnen. Dazu bedarf es dringend einer besseren Information über das deutsche Ausbildungssystem, der Stellenwert der Meisterprüfung muss verstärkt vermittelt werden. Die bestehenden Kooperationen der Migrantenvertretungen mit lokalen, regionalen Institutionen und Verbänden sollte weiter ausgebaut werden. Auch viele Beschleunigen. Unter anderem sollte bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse mehr Toleranz gezeigt werden, um die interkulturelle Öffnung zu ermöglichen. Migranten im ländlichen Raum In den Städten haben Migrantinnen und Migranten vielfach bereits starke eigene Netze aufgebaut, sind in Handwerksbetrieben tätig und auch der öffentliche Dienst erweist sich mancherorts als aufgeschlossener Arbeitgeber, insbesondere für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Aber im ländlichen Raum sieht die Sache häufig ganz anders aus. Dass viele Jugendliche mit Migrationhintergrund Mehrsprachigkeit, interkulturelle Kompetenz und eine hohe Motivation mitbringen wird häufig übersehen. Viele nichtdeutsche Jugendliche erwarten, dass sie bei deutschen Betrieben und in der kommunalen Verwaltung keine Chancen haben und bewerben sich daher erst gar nicht. Deshalb müssen wir diese Strukturen verändern und uns für vorurteilsfreie, kulturneutrale Auswahlverfahren stark machen, damit übertragbare Qualifikationen auch übernommen werden können. Durch bessere Informationen und Kampagnen müssen wir vor allem im ländlichen Raum dafür sorgen, dass Migranten nicht als billige Konkurrenz betrachtet werden, sondern zuverlässige und kompetente Partner werden.