Jeyaratnam Caniceus
Mitglied der ÖDP
Ratsherr der Stadt Kempen

 

Etat-Rede für das Haushaltsjahr 2020 im Rat der Stadt Kempen am 17.12.2019
von Jeyaratnam Caniceus
17.12.19     Klicks:10867     A+ | a-
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte  Damen und Herren,
sehr geehrte Kempenerinnen und Kempener,
heute halte ich meine dritte Haushaltsrede als fraktionsloses Ratsmitglied der Stadt Kempen.  Langsam wird es eine Routine. Aber ich sehe es auch als ein Privileg und eine Pflicht für mich. Es ist nicht einfach, als letzter Redner Akzente zu setzen und Aufmerksamkeit zu erzielen. Ich bitte um etwas Geduld. Ich bin von dem großen Defizit im Haushalt der Stadt Kempen nicht überrascht.  Es ist ein alljährlich wiederkehrendes Phänomen. Ich möchte meine politischen Schwerpunkte auf zukunftsorientierte  Investitionen setzen. Beispielsweise auf Klimaschutz , Bildung und soziale Sicherheit.

Schlagworte wie Klimawandel, demographischer Wandel,  Energiewende, Agrarwende, Verkehrswende  - sie prägen zurzeit die sozialen Medien. Wir konnten der Informationsflut ja gar nicht entkommen.  Den von Menschen herbeigeführten Klimawandel können wir nicht abwenden. Aber mit der richtigen Weichenstellung können wir ihn vielleicht noch begrenzen. Der Kampf gegen den Klimawandel ist ein Generationenvertrag.

In Kempen haben wir die Schulsanierung und Digitalisierung verschlafen.  Auch die Chance, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, haben wir nicht ergriffen. Jetzt müssen wir wenigstens beim Klimawandel hellwach sein. Bezahlbarer und angemessener Wohnraum ist Menschenrecht. Es ist Daseinsvorsorge und darf nicht abhängig sein vom Geldbeutel.   Alle Jahre wieder reden wir über bezahlbaren und angemessenen Wohnraum für Menschen in Kempen. Aber getan wurde bisher nichts Spürbares.  Hier und da, der ein oder andere Aktionismus, nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber keine Verbesserung. Mangelnder Wohnraum verursacht Einwohnerschwund und verhindert Integration.

Durch Aufstockung der vorhandenen Gebäude in Holzbauweise oder aber mit Neubauten aus Holz könnte man schnell bezahlbaren Wohnraum realisieren. Der Zukauf von wegfallenden Sozialbindungen ist dringend erforderlich. Auch städtische Bürgschaften  für Bauherren sind denkbar. Die Stadt Kempen muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Auch andere Wohnformen müssen in Kempen erlaubt sein. Die meisten Menschen werden weiterhin Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften oder Mehrfamilienhäuser bevorzugen. Dennoch steigt die Zahl der Menschen stetig, die sich andere Wohnformen wünschen.  Gemeint sind beispielsweise Tiny Häuser als Erstwohnsitz oder auch autofreie Wohnquartiere. Wenn wir Wohnräume schaffen wollen, müssen wir auch kreative Wege gehen. Dafür müssen wir über den Tellerrand schauen. Aktiver Denkmalschutz und innovatives Bauen sind keine Gegensätze.

Ich freue mich, dass ich mit meinem Antrag "Bauen mit Holz" einen Denkanstoß in die richtige Richtung zum richtigen Zeitpunkt geben konnte.Wir brauchen einen echten Wandel in der Wirtschaftspolitik. Wollen wir weiterhin wertvolle Ackerflächen, die Menschen und Tiere ernähren, großflächig zubetonieren?  Oder  sollten wir eine Gewerbeansiedlung priorisieren, die wenig Flächen verbraucht und mehr Arbeitsplätze schafft.  Der Einfluss der Stadt Kempen in der Wirtschaftspolitik des Kreises hat Luft nach oben. Auch die Zusammenarbeit der Stadt Kempen mit dem Technologiezentrum Niederrhein muss intensiviert werden.

Die Stadt Kempen soll eine eigene Stabstelle für das Fördermittel-Management einrichten. Aufgabe dieser Stabstelle ist es, dezernat-übergreifend sämtliche Fördermittelprogramme des Landes, Bundes und der europäischen Union, anderer Geldgeber und Stiftungen zu untersuchen, ob sich Mittel für die Aufgaben der Stadt Kempen gewinnen lassen. Die Tätigkeiten sollen Recherche und Netzwerkarbeit sowie – in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Fachämtern – auch sämtliche Schritte des Förderverfahrens umfassen. Dazu habe ich bereits einen Antrag gestellt.

Weniger Autos bedeuten mehr Mobilität. Wir sollen vom Leitbild der autogerechten Stadt abkehren. Das aktuelle Radkonzept ist für Kempener Verhältnisse vielversprechend,  aber die Zukunftstauglichkeit ist zweifelhaft. Kempen ist die Stadt der kurzen Wege. Kein Weg ist so lang, dass unbedingt ein Auto oder der ÖPNV genutzt werden müsste. Die Entfernungen von Kempen nach St. Hubert liegen ebenfalls in bequemer Fahrradentfernung. Auch die vorgesehenen Minikreisverkehre sind teuer und überflüssig. Deshalb ist das vorgelegte Radverkehrskonzept in vielen Punkten verbesserungswürdig.

In Kempen haben wir lange gedacht, dass Klimawandel wie eine Wolke an uns vorbeizieht. Die letzten zwei Jahre wurden wir eines Besseren belehrt. Die Politik muss Weichen neustellen oder weichen. Wir brauchen ein Bündel von Maßnahmen,  z.B. Dach- und Fassadenbegrünung, Versickerung des Regenwassers, flächendeckende Photovoltaik, Bauen mit Holz und autofreie Quartiere, die den Klimawandel etwas mildern können. Kempen muss sich für innovative Ideen öffnen und auch in der Lage sein, unpopuläre Entscheidungen zu Gunsten des Klimaschutzes zu treffen. Künftige Baugebiete müssen so ausgerichtet sein, dass bei jedem Haus oder bei jeder Garage der Einbau von Photovoltaik oder Solarthermen möglich ist. Klimaschutz schafft Arbeitsplätze und fordert Innovation und Erfindergeist.

Die Energiewende und Verkehrswende wird ein Erfolg, wenn sie durch mehrere Säulen getragen wird. Das Thema Wasserstoff als Energieträger soll auf kommunaler Ebene an Bedeutung gewinnen. Alleine auf Elektromobilität zu setzen, wird uns in eine Sackgasse führen. Außerdem hat die Batterieproduktion Schattenseiten. Ich höre immer den Slogan "Hambi bleibt". Für die Batterieproduktion werden genau so wertvolle Lebensräume in Afrika und Südamerika zerstört.  Dazu schweigen wir. Wenn wir alle Elektroauto fahren wollen, werden bald weltweit Kriege um Silizium und seltene Elemente geführt.

Zum Schutz der biologischen Vielfalt  in Kempen muss mehr getan werden. Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt in den Bereichen Grün- und Freiflächen, im Siedlungsbereich, der Arten- und Biotopschutz, nachhaltige Nutzung sowie die Bewusstseinsbildung müssen mehr Unterstützung finden. Jede mögliche Grün- bzw. ungenutzte Fläche in Kempen soll Blühfläche werden. Das entlastet langfristig unseren Bauhof.

Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren der Verwaltung und des Rats,
trotz meiner Einzelmitgliedschaft habe ich im Rat der Stadt Kempen keine Nachteile erfahren. Viele meiner Anträge sind wohlwollend aufgenommen und beschlossen worden. Das ist nicht selbstverständlich. Dafür bedanke ich mich nochmals ganz herzlich bei Ihnen allen.
 
Ich stimme dem Haushalt  in allen Anlagen zu. Ich bedanke mich beim Kämmerer und der Finanzverwaltung für Ihre geleistete Arbeit.

Es gilt das gesprochene Wort
gez. Jeyaratnam Caniceus

 


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