Jeyaratnam Caniceus
Mitglied der ÖDP
Ratsherr der Stadt Kempen

 

Neue Hoffnung für Flüchtlinge
von Westdeutsche Zeitung
09.01.07     Klicks:6987     A+ | a-
Sechs Familien haben Perspektive, von der neuen Regelung zu profitieren und nicht abgeschoben zu werden. Jeyaratnam Caniceus setzt sich für sie ein.

Kempen. Die Innenminister der Bundesländer haben sich vor zwei Monaten auf ein neues Bleiberecht geeinigt. Große Hoffnungen haben rund 200 000 geduldete Flüchtlinge in Deutschland darauf gesetzt auch in der Thomasstadt. Der Kempener Ratsherr Jeyaratnam Caniceus (Grüne) stand Anfang der 90er-Jahre selbst kurz vor der Abschiebung. Die WZ hat sich mit ihm über die neue Regelung unterhalten.

Westdeutsche Zeitung:
Herr Caniceus, wie viele Menschen in Kempen leben zurzeit im Status der Duldung?

Jeyaratnam Caniceus:
Dazu gibt es von der Ausländerbehörde keine Zahlen. Im Kreis sind es ohne die Stadt Viersen an die 700.

WZ:
Wer von denen profitiert vom Beschluss der Innenminister-Konferenz?

Caniceus:
Etwa zehn bis 20 Prozent Prozent. Die Auflagen für eine Aufenthaltserlaubnis sind sehr hoch. Wir gehen intern davon aus, dass sechs Kempener Familien die Kriterien erfüllen. Drei aus dem ehemaligen Jugoslawien, zwei aus dem Kongo und eine aus Sri Lanka.

WZ:
Sie selbst sind Mitte der 80er-Jahre vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka nach Deutschland geflohen. Ihr Asylantrag wurde abgelehnt, so dass sie vier Jahre lang nur geduldet wurden und bereits kurz vor der Abschiebung standen. Was ist das psychologisch gesehen für eine Situation?

Caniceus:
Das ist eine Katastrophe, ein Trauerspiel. Man führt ein Schattendasein, hofft alle drei Monate aufs Neue, nicht abgeschoben zu werden. Auf dieser Grundlage bekommen nur die wenigsten Flüchtlinge eine Stelle und sind somit meistens von Sozialhilfe abhängig. Es gibt ein Ausbildungsverbot, zudem kein Erziehungsoder Kindergeld für den Nachwuchs, die dann beispielsweise nicht zur Musikschule gehen können. Integration sieht meiner Ansicht nach anders aus.

WZ:
Was kritisieren sie konkret an der neuen Regelung?

Caniceus:
Sie zielt unterm Strich immer noch auf Abschiebung statt auf Integration ab. Beispielsweise wird der Duldungs-Status nur aufgehoben, wenn eine Familie genug für den eigenen Lebensunterhalt verdient. Wo die meisten doch wenn sie überhaupt einen Job gefunden haben im Niedriglohnsektor tätig sind. Zudem bekommt niemand eine Aufenthaltserlaubnis, dem fehlende Mitwirkung an der Beendigung seines Aufenthaltes vorgehalten werden kann. Da reicht es, wenn ich meine Geburtsurkunde oder meinen Reisepass vorenthalten habe. Ein Gummiparagraph also, der es letztlich jeder Behörde selber überlässt, wer abgeschoben wird und wer nicht.

WZ:
Was kann die Stadt Kempen vor diesem eher bundespolitischen Hintergrund für die Flüchtlinge tun?

Caniceus:
Sie sollte sich grundsätzlich mehr für die Integration von Migranten einsetzen. Ein Beispiel: Die Stadt hat angekündigt, die finanzielle Unterstützung für ein entsprechendes Betreuungs- und Beratungsangebot beim Sozialdienst Katholischer Männer einzuschränken. Das darf nicht sein.

Das Gespräch führte Alexander Esch Kempen


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